Energiewende und Klimaschutz – heute und in Zukunft

Der Klimaschutz spielt in der deutschen und internationalen Umweltpolitik eine wichtige Rolle. Im Pariser Klimaabkommen haben sich die Staaten verpflichtet, den Temperaturanstieg durch den Klimawandel auf deutlich unter zwei Grad Celsius zu begrenzen. Um dieses Ziel zu erreichen muss Deutschland deutlich mehr tun als bisher beschlossen. Anpassungsmaßnahmen in der Energieerzeugung, der landwirtschaftlichen Produktion und der Industrie sind ebenso zentral wie eine Verkehrswende hin zu Elektromobilität, Veränderungen der Wärmeversorgung in Gebäuden und der Stromnutzung in Privathaushalten. Informieren Sie sich auf dieser Seite darüber, wie die einzelnen Klimaschutzmaßnahmen umgesetzt werden sollten.

Klimaschutz in Deutschland: Ohne Kohleausstieg geht es nicht

Ein Erfolg für den internationalen Klimaschutz wurde 2015 auf der Weltklimakonferenz in Paris erzielt. Die UN-Mitglieder haben sich verpflichtet, den Temperaturanstieg durch den Klimawandel auf deutlich unter zwei Grad Celsius zu begrenzen. 181 Staaten haben nationale Klimaschutz-Ziele formuliert. Doch ein Blick auf die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung zeigt: Deutschland muss deutlich mehr tun, um seine Ziele bis 2050 zu erreichen. Ein zentrales Element für den Erfolg ist der Kohleausstieg. 

Deutschland hat bereits 2010 im Energiekonzept der Bundesregierung das Ziel formuliert, seine Treibhausgasemissionen bis 2050 um rund 95 Prozent im Vergleich zu 1990 senken. Um dieses langfristige Ziel zu erreichen, bedarf es auch ambitionierter Klimaziele für die Jahre 2020, 2030 und 2040. Die Studie „Klimaschutzszenario 2050“ des Öko-Instituts und des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung macht deutlich, dass die bislang im Energiekonzept festgelegten Zwischenziele sogar verschärft werden müssen, um Emissionsminderungen von 95 Prozent und mehr bis 2050 sicher zu erreichen. 

Allerdings geht bereits der Koalitionsvertrag 2018 davon aus, dass die 2020-Ziele nicht zu erreichen sind. Gerade vor diesem Hintergrund ist es wichtig, in den nächsten beiden Jahrzehnten zügig mit Maßnahmen zu beginnen, die schnell hohe Emissionsminderungen erzielen. 

Zentrales Element für den deutschen Klimaschutz: Zügiger Ausstieg aus der Kohle

Dazu gehören unter anderem eine deutliche Steigerung der Energieeffizienz in allen Bereichen sowie eine vollständig CO2-freie Stromproduktion. Die Studie „Stromsystem 2035+“ von Öko-Institut und Prognos zeigt, dass der beschleunigte Ausstieg aus der Stromerzeugung durch Kohle ein zentrales Element zur Einhaltung der Klimaschutzziele bildet. Die deutschen Braun- und Steinkohlekraftwerke verursachen aktuell gut 80 Prozent der CO2-Emissionen des Stromsektors. Der Ausstieg aus der fossilen Stromerzeugung leistet daher einen signifikanten Beitrag bei der CO2-Minderung. Dies geht nicht ohne einen Strukturwandel in den betroffenen Gebieten. 

Umsetzung der Klimaziele mit einem Mix verschiedener Instrumente 

Das Ziel ist klar, die wichtigsten Etappen auch. Die konkrete Umsetzung hingegen gestaltet sich schwierig. Der Kohleausstieg braucht konkrete Leitplanken. Die Auswirkungen auf die Stromkosten, die Versorgungssicherheit, die Regionen und die KWK-Wärmeversorgung sind dabei zu berücksichtigen. Optionen für die Umsetzung können Kraftwerksstillegungen oder CO2-Mindestpreise sein. Letztere könnten gemeinsam mit benachbarten Staaten wie Frankreich eingeführt werden können. Die CO2-Emissionen werden somit zu einer relevanten Entscheidungsgröße bei der Wirtschaftlichkeit der Stromerzeugungsoptionen.

Durch den Kohleausstieg entstünde Planungssicherheit, auch für die Regionen in Deutschland, die derzeit noch von der Kohle leben. Dies bedeutet, dass es Veränderungen geben wird. Wichtig ist es hier, die Chancen für neue Arbeitsplätze z.B. durch den beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und von Speichertechnologien zu nutzen.

Erneuerbare Energien als zentrales Element des Klimaschutzes

Die Dekarbonisierung des Energiesystems ist ein zentrales Element jeder Klimaschutzstrategie. Für den Stromsektor bedeutet dies die Umstellung von Braunkohle, Steinkohle, Erdgas und anderen fossilen Brennstoffen auf erneuerbare Energien. Der bisherige Ausbau der erneuerbaren Energien ist eine Erfolgsgeschichte. Ihr Anteil an der Stromerzeugung steigt. Rund ein Drittel des Strombedarfs in Deutschland wird heute in Wind-, Wasser-, Solar- und Biomassekraftwerken produziert. Ziel ist aber der Umbau des Stromversorgungssystems auf mindestens 80 Prozent erneuerbare Energien bis zum Jahr 2050. 

Bisher ist im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) ein Ausbau der erneuerbaren Energien auf 40 bis 45 Prozent bis 2025 geplant. Bis 2035 soll sich der Anteil auf 55 bis 60 Prozent erhöhen. Im Koalitionsvertrag 2018 wurde eine Erhöhung der Ziele auf 65 Prozent für das Jahr 2030 vereinbart. Das ist ein wichtiger Schritt, da nur durch einen zügigen Zubau der erneuerbaren Energien die Erderwärmung angemessen begrenzt werden kann. Langfristig, bis zum Ende des Jahrhunderts, sollte Strom zu 100 Prozent erneuerbar sein, um den Temperaturanstieg durch den Klimawandel auf deutlich unter zwei Grad Celsius zu begrenzen. 

Ambitioniertere Ausbaupfade, beschleunigter Ausbau

Die bisherige Energiewende hat die Kosten von Wind- und Solaranlagen in den vergangenen Jahren enorm gesenkt. Aktuelle Ausschreibungsergebnisse zeigen, dass sich die Kosten von On- und Offshore-Windkraft sowie Photovoltaikanlagen auf Freiflächen angeglichen haben und nur noch 5 bis 6 Cent je Kilowattstunde betragen. Damit liegen die Vollkosten erneuerbarer Energien bereits unter den Kosten für den Neubau konventioneller Kraftwerke. In den USA, Australien, China, Chile oder Marokko sind Solar- und Windstrom inzwischen günstiger als Atom- und Kohlekraftwerke.

2018 sank die EEG-Umlage zur Finanzierung erneuerbaren Stroms leicht gegenüber dem Vorjahr pro Kilowattstunde und das, obwohl der Anteil der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch weiter anstieg. Berechnungen mithilfe des vom Öko-Institut für den energiepolitischen Think Tank Agora Energiewende entwickelten EEG-Rechner zeigen: Würde man den Ausbau der erneuerbaren Energien deutlich beschleunigen, würden im Vergleich zum bisher im EEG geplanten Ausbau nur geringe Mehrkosten entstehen: 2035 könnte der Anteil der erneuerbaren Energien 83 statt der derzeit anvisierten 53 Prozent betragen – bei nur 3,2 statt 2,1 ct/kWh (inflationsbereinigt) EEG-Umlage.

Erneuerbare Energien sind nicht zwingend teurer

Die grundsätzliche Umsetzbarkeit eines zu mehr als 90 Prozent auf erneuerbaren Energien beruhenden Stromsystems steht heute nicht mehr infrage. Noch nicht vollständig geklärt ist jedoch die Frage der Kosten dieses neuen Stromsystems. Das Öko-Institut hat für Agora Energiewende verschiedene denkbare Stromwelten verglichen und dabei festgestellt, dass die erneuerbaren nicht nur die deutsche Stromversorgung vollständig decken und ein hohes Versorgungssicherheitsniveau gewährleisten können. Rechnet man mit Kosten von circa 50 Euro für eine Tonne CO2, sind Erneuerbare-Energien-Stromsysteme im Jahr 2050 meist günstiger oder ähnlich teuer wie ein klassisches fossiles Stromsystem – weitgehend unabhängig von den angenommenen Brennstoffpreisen. Hierbei sind Folgekosten eines fossilen Stromsystems, wie Gesundheitskosten oder Kosten für notwendige Anpassungen durch den Klimawandel, noch nicht mal berücksichtigt.

Angesichts der Unsicherheiten bei den Entwicklungen auf den globalen Brennstoffmärkten liefert ein Stromsystem auf Basis erneuerbarer Energien darüber hinaus noch den Mehrwert, die Volkswirtschaft insgesamt gegen zunehmend volatile Preisentwicklungen für fossile Energien abzuschirmen und so auch die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland zu stärken.

Haben wir den Platz dafür und was bedeutet das für die Netze?

In der WWF-Studie „Zukunft Stromsystem II – Regionalisierung der erneuerbaren Stromerzeugung“ gehen das Öko-Institut und Prognos der Frage nach, welche Optionen für den Zubau von Windenergie an Land bzw. von Photovoltaik bis 2050 bestehen, um eine vollständig auf Erneuerbaren basierende Stromerzeugung umzusetzen. Die Studie betrachtet insbesondere die Aspekte Regionalisierung und Technologiemix der erneuerbaren hinsichtlich der Flächenverfügbarkeit. Zentrales Ergebnis: In allen Szenarien ist ein weiterer Ausbau der Stromnetzinfrastruktur notwendig.

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Netzausbau und Netzumbau als Voraussetzung für eine nachhaltige Energieversorgung

Der Aus- und Umbau der Strominfrastruktur ist zentrale Herausforderung für eine nachhaltige Energieversorgung. Je mehr Strom aus fluktuierenden Quellen wie Windkraft und Photovoltaik stammt, desto mehr räumliche und zeitliche Flexibilität muss auch die Infrastruktur bieten. Stromnetze und -speicher müssen bedarfsgerecht ausgebaut werden, um genügend Windstrom von Nord nach Süd zu bringen und die Schwankungen der Stromerzeugung zwischen Tag und Nacht oder windreichen und windarmen Zeiten auffangen zu können.

Das Öko-Institut arbeitet auf verschiedenen Ebenen wissenschaftlich zu Flexibilitäts- und Speicheroptionen. Dabei wird deutlich: Die Entwicklung der Netze ist wichtig für den Umgang mit dem zunehmend schwankenden Stromangebot. Netzmaßnahmen allein reichen jedoch nicht aus. Auch Speicher spielen eine wichtige Rolle beim Aufbau einer intelligenten Strominfrastruktur. Dabei können sehr unterschiedliche Technologien zum Einsatz kommen, zum Beispiel 

  • elektrochemische Batteriesysteme, 
  • Umwandlung von Strom in Wasserstoff und synthetisches Erdgas oder
  • mechanische Speicher.

Gezielter Netzausbau, passend zur Stromerzeugung

Um den Netzausbau konkret und vor allem zielführend vorantreiben zu können, empfiehlt das Öko-Institut, die anstehenden Schritte der Energiewende zügig zu definieren. Der Fokus sollte dabei auf dem weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien und dem Kohleausstieg liegen. Solange unklar ist, ob im Jahr 2030 Kohlekraftwerke mit einer Leistung von null oder über 30 Gigawatt Leistung betrieben werden, besteht das Risiko, dass das Netz anders ausgebaut wird als später tatsächlich benötigt. 

Kritiker der aktuellen Netzentwicklungspläne verweisen darauf, dass durch eine dezentral ausgestaltete Energiewende ein Teil des Netzausbaus vermieden werden könnte. Es gibt in der Tat Hinweise, dass durch eine stark dezentral ausgeprägte Energiewende einzelne Elemente des heute geplanten Netzausbaus vermieden oder zumindest zeitlich verschoben werden könnten. Dies wäre aber nur möglich, wenn wir uns gesellschaftlich darauf verständigen könnten, einen sehr starken Zubau von Windkraftanlagen nahe der Zentren des Stromverbrauchs zu akzeptieren. Eine ehrliche und fundierte Debatte darüber, ob zu Teilen des Netzausbaus realistische Alternativen bestehen, hat aus der Sicht des Öko-Instituts bisher jedoch kaum stattgefunden.

Zustimmung zum Klimaschutz vor Ort: Partizipation der Bevölkerung 

Die Herausforderung ist aber in jedem Fall: Während die Zustimmung zur Energiewende allgemein sehr hoch ist, stoßen konkrete Projekte wie Windparks, Stromtrassen und Pumpspeicherwerke immer wieder auf Ablehnung vor Ort. Der Um- und Ausbau der Energieinfrastruktur kann jedoch nicht gegen weite Teile der Bevölkerung durchgesetzt werden. Das Öko-Institut setzt sich daher für eine echte Partizipation ein: faire und transparente Verfahren, frühzeitiger Einbezug, Diskussion relevanter Themen und noch veränderbare Entscheidungen.

Atomausstieg in Deutschland: Sicherheit und Endlagerung rücken in den Fokus

Die Kernenergie wird nach dem Reaktorunglück in Japan im März 2011 weltweit weiterhin intensiv diskutiert. Deutschland hat den Ausstieg aus der Kernenergie im Juni 2011 mit breitem Parteikonsens und mit großem Rückhalt in der Bevölkerung bestätigt. Die letzten drei Kernkraftwerke gehen im Jahr 2022 vom Netz. 

Deutschland ist mit der Entscheidung zum Atomausstieg nicht allein: Österreich hat die Atomenergienutzung schon 1978 verboten, Italien hat sich nach der Tschernobyl-Katastrophe gegen die Atomenergie entschieden. In der Schweiz, in Belgien und den Niederlanden werden keine neuen Reaktoren mehr gebaut. Allerdings werden in diesen Ländern besonders alte Atomkraftwerke weiter betrieben. Gerade diese stellen zunehmend ein Risiko dar, besonders wenn die Betreiber ihre Betriebsdauer verlängern, statt sie am Ende ihrer ursprünglich geplanten Lebensdauer stillzulegen.

Studien des Öko-Instituts und anderer Akteure der Energiewende zeigen: Der zügige Ausstieg aus der Kernenergie kann gelingen, ohne die Versorgungssicherheit zu gefährden oder die Geldbeutel der Bürgerinnen und Bürger übermäßig zu belasten. Allein seit Fukushima nahm die Brutto-Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien um rund 74 Prozent auf mehr als 216 Milliarden Kilowattstunden zu (Stand August 2018). Auch führt der Ausstieg nach Analyse der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Öko-Instituts nicht zu einem Anstieg der Atomstromimporte aus dem Ausland.

Schutzmaßnahmen für bestmögliche Sicherheit in Kernkraftwerken weltweit

Bis dahin müssen für alle laufenden Anlagen die Sicherheit kontinuierlich verbessert und dafür spezifische Nachrüstanforderungen definiert und umgesetzt werden. Dies gilt für die Länder, die planen, ihre Anlagen langfristig weiter zu betreiben, aber genauso in Deutschland bis zum Abschalten der letzten Anlage.

Auch in Krisengebieten stellen sich Sicherheitsfragen: Nicht nur gezielte Angriffe, sondern auch die Folgen von instabilen Verhältnissen in Politik und Wirtschaft können die Sicherheit von Kernreaktoren stark gefährden. Die Folgen eines Unfalls durch die Verkettung ungünstiger Ereignisse würden weit über die Landesgrenzen hinausreichen.

Kernfrage Endlagerung: Standort für Atommüll gesucht

In Deutschland rückt mit dem Ausstieg die Suche nach einem Endlagerstandort noch stärker in den Fokus. Die Hinterlassenschaften des Atomzeitalters müssen aufgeräumt, die stillgelegten Kraftwerke zeitnah zurückgebaut werden. Dies wird Jahrzehnte dauern. Dafür müssen wir das noch vorhandene Know-how nutzen, um zukünftigen Generationen keine unnötigen Lasten durch den Rückbau aufzubürden. 

Das Öko-Institut arbeitet seit vielen Jahren zu den verschiedensten Aspekten der Entsorgung und hat umfassende Kompetenzen in diesem Themengebiet aufgebaut. Zentraler Schritt für die Vorbereitung der Endlagerstandortsuche war die Arbeit der Endlagerkommission, die im Juli 2016 ihren Abschlussbericht veröffentlicht hat. Die Suche hat im September 2017 offiziell begonnen, 2031 ist das ambitionierte Zieldatum. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Bewohnerinnen und Bewohner der potenziellen Standortregionen in den Prozess einbezogen werden müssen. Dafür braucht es eine Beteiligungskultur, die Betroffene befähigt, ihre Bedenken und Vorschläge zu formulieren. Die Abläufe müssen zeitlich und organisatorisch so gestaltet sein, dass sie Betroffene und Interessierte nicht nur als Einwender, sondern als Mitgestalter des Verfahrens einbeziehen.

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Klimaschutz in der EU und weltweit

Im Pariser Klimaabkommen haben sich die Staaten verpflichtet, den Temperaturanstieg durch den Klimawandel auf deutlich unter zwei Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Um dieses Ziel zu erreichen, braucht es eine Reduktion der Treibhausgasemissionen weltweit um 40 bis 70 Prozent bis 2050 und auf nahezu Null bis Ende des Jahrhunderts.

Nationale, europäische und globale Entwicklungen beeinflussen sich gegenseitig, im Guten wie im Schlechten. Positiven Entwicklungen wie Paris stehen unter anderem die starke Tendenz zum Fundamentalismus, zur Re-Nationalisierung, eine Schwächung demokratischer Prinzipien und eine Abwendung von internationalen und teilweise auch europäischen Organisationen und Vereinbarungen gegenüber, wie auch die starke Kritik an „Eliten“, den Medien und der Wissenschaft.

Paris in einer sich verändernden Weltordnung

Die Welt ist mit dem 2015 beschlossenen Pariser Klimaschutzabkommen einen großen Schritt vorwärts gegangen. 181 Staaten haben sich völkerrechtlich verpflichtet, alle fünf Jahre neue, ambitioniertere nationale Klimaschutzziele vorzulegen und Maßnahmen zur Erreichung der Ziele zu ergreifen. Aber: Rückschläge wie der Rückzug der USA aus dem Abkommen, zeigen, dass Klimapolitik auch in Zukunft eine Herausforderung bleiben wird. Vielfach haben Staaten Probleme, konkrete Maßnahmen zu beschließen oder umzusetzen, aus Sorge vor Widerstand aus der Bevölkerung. Hinzu kommt, dass wieder Stimmen lauter werden, die den Klimawandel leugnen und wissenschaftliche Fakten zum Klimaschutz als Fake News bezeichnen. 

Reformierter Emissionshandel

Ein Instrument, das die Minderung der Emissionen auf der Seite der Stromerzeuger und der großen Industrieanlagen unterstützt, ist der Emissionshandel (ETS). Unternehmen der Energiewirtschaft und Industrieanlagen erhalten ein „CO2-Budget“, das festlegt, wie viel klimaschädliches Kohlendioxid sie ausstoßen dürfen. Wer diese Grenze überschreitet, kann sein Budget durch den Zukauf weiterer Emissionsrechte aufstocken. Wer weniger braucht, kann überzähligen Emissionsrechte verkaufen. 

Der ETS wurde zuletzt 2018 reformiert. Ziel war es, die Anzahl der Emissionsrechte zu reduzieren und stärkere Anreize zum CO2-Sparen zu schaffen. Überschüssige Zertifikate, die vor allem aus einer übergroßen Zuteilung zu Beginn des Emissionshandel entstanden waren, werden ab 2023 zum Großteil entweder automatisch aus dem ETS-System gelöscht oder aber – wenn sie aus der Stilllegung von Kohlekraftwerken stammen – auch dezidiert von den am ETS teilnehmenden Staaten entwertet. Der so genannte Wasserbetteffekt - dass freiwerdende ETS-Zertifikate nicht gelöscht wurden, sondern stattdessen anderen Emittenten zur Verfügung standen – ist damit Geschichte. Das alte Argument, dass zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen nichts bringen, gilt damit nicht mehr. Dennoch ist unklar, inwieweit die jüngste Reform auch langfristig zu den Knappheitspreisen führen wird, die für Investitionen in CO2-Vermeidungstechnologien sowie den schrittweisen Ausstieg aus der Kohleverstromung sind.

Effort Sharing für die Zeit bis 2030

Die Emissionen der nicht vom Emissionshandel erfassten Sektoren wie beispielsweise Verkehr oder Landwirtschaft werden innerhalb der EU vom sogenannten Effort Sharing reguliert. Den Mitgliedsländern werden dabei jährliche Emissionsziele gesetzt, die sie durch eigene Maßnahmen oder über flexible Mechanismen erreichen müssen. In 2018 wurde die Reform des Effort Sharing für die Zeit bis 2030 beschlossen, jetzt müssen die Mitgliedsländer die Emissionen insbesondere in den Sektoren Verkehr, Gebäudewärme, Landwirtschaft und Kleinindustrie senken. Geschieht dies nicht, können hohe Kosten auf die Länder zukommen, allein für Deutschland könnten sie bis zu 30 Milliarden Euro betragen.

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Verkehr und Klimaschutz: Elektromobilität, neue Mobilitätskonzepte, ÖPNV

Durch den Personen- und Güterverkehr entsteht heute rund ein Fünftel der Treibhausgasemissionen. Das wachsende Verkehrsaufkommen stellt die Klimaziele der Bundesregierung und damit den deutschen Klimaschutz vor eine besondere Herausforderung. Das Öko-Institut hat in verschiedenen Projekten gezeigt, dass ambitionierte Zwischenziele für 2030 notwendig sind, um auf den Pfad einer vollständigen Dekarbonisierung des Verkehrssektors bis 2050 zu gelangen.

Im Klimaschutzplan der Bundesregierung wurden 2016 erstmalig einzelne Sektorziele für die Minderung von Treibhausgasemissionen festgelegt. Demnach sollen die Emissionen des Verkehrssektors bis zum Jahr 2030 um 40 bis 42 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken. Sektorenübergreifend wurde bis 2030 eine Minderung von 55 Prozent festgelegt. Gleichzeitig wurden auf EU-Ebene für das Jahr 2030 ebenfalls Minderungspflichten für alle Mitgliedstaaten ausgemacht. Die Reduktionsvorgabe für die sogenannten nicht-ETS-Sektoren in Deutschland entspricht dabei etwa einer Reduktion von 38 Prozent gegenüber dem Jahr 2005. 

Klimaschutz im Verkehr: Vermeiden und verlagern

Der Verkehr verursacht rund 20 Prozent der Treibhausgase in Deutschland – überwiegend durch Pkw und Lkw. Der Verkehrssektor spielt also eine wichtige Rolle für den Klimaschutz. Bisher konnte der Verkehrssektor seine CO2-Emissionen nicht reduzieren. Vielmehr ist der CO2-Ausstoß in den vergangenen Jahren wieder gestiegen. 2017 betrug er 170 Millionen Tonnen. Um das Klimaschutzziele nach Klimaschutzplan zu erreichen, müssten diese um über 70 Millionen Tonnen bis 2030 sinken. Damit dies gelingt, müssen zeitnah Maßnahmen ergriffen werden.

Dafür reicht es nicht aus, die Fahrzeuge effizienter zu machen. Zentral ist auch die Verkehrsvermeidung und -verlagerung. So muss etwa der Anteil der Transporte mit Bahn und Binnenschiffen erhöht werden. Notwendig dafür sind unter anderem eine bessere Schieneninfrastruktur und Investitionen in das Kanalnetz. Auch braucht es neue Mobilitätskonzepte und ein neues Mobilitätsverhalten. Privat müssen mehr Menschen auf das Fahrrad, den Öffentlichen Personennahverkehr und die Bahn umsteigen. Hierfür muss unter anderem in die Fahrradinfrastruktur investiert und Carsharing gefördert werden. Gleichzeitig ist der motorisierte Individualverkehr derzeit zu günstig, um tatsächlich ein umweltfreundlicheres Mobilitätsverhalten anzureizen.

Elektromobilität ist der Schlüssel für die Energiewende im Verkehr

Ein weiterer Baustein sind neue Technologien. Elektromobilität ist eine wichtige Option und die Potenziale sind groß. Auch wenn die Veränderung des Antriebs ganz sicher nicht alle Umweltprobleme des Verkehrssektors löst: Elektromobilität ist der richtige Weg. Denn Elektrofahrzeuge sind deutlich energieeffizienter als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor und weisen daher auch beim heutigen Strommix bereits einen Klimavorteil auf. Dieser Vorteil wird mit dem Fortschreiten der Energiewende weiter steigen. 

Allerdings dürfen die problematischen Aspekte der Elektromobilität nicht aus dem Auge verloren werden. Die benötigten Rohstoffe für die Batterien und Brennstoffzellen sind zwar ausreichend vorhanden, auch für ein weltweites Wachstum der Elektromobilität. Allerdings kann es zu temporären Verknappungen oder Preissteigerungen für einzelne Rohstoffe – insbesondere für Lithium und Kobalt – kommen. Kritisch sind aber auch die mit der Förderung der Rohstoffe verbundenen Umwelt- und Sozialprobleme. 

Sowohl für die steigende Rohstoffnachfrage als auch für ein durchdachtes Recycling der Elektroautos müssen Lösungskonzepte entworfen werden. Besondere Herausforderungen sind im Übrigen der Verkehr zu See und in der Luft, der ein besonders hohes Wachstum aufweist. Hier besteht zudem eine große Herausforderung in der Etablierung internationaler Mechanismen zur Emissionsminderung.

Nachhaltige Mobilität beginnt auch im Kopf

Eine Studie am Beispiel von Baden-Württemberg hat aber auch gezeigt, dass eine nachhaltige Entwicklung nur dann gelingt, wenn sie von den Menschen getragen wird. Dazu braucht es eine Änderung in den „mentalen Infrastrukturen“. Damit das gelingt, müssen neue Formen von Mobilität und ihre Vorteile – mehr Lebensqualität, mehr Lebensraum, weniger Lärm, weniger Schadstoffe – erlebbar gemacht werden. 

Klimaschutz durch Wärmewende im Gebäudebereich

Die Wärmeversorgung der Gebäude ist für einen Anteil von rund 25 Prozent der deutschen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Entsprechend hoch sind hier die Potenziale für den Klimaschutz. Zentrale Stellschrauben sind die energetische Sanierung und mehr erneuerbare Energien.

Eine Studie des Öko-Instituts im Auftrag des Umweltbundesamtes hat 2017 gezeigt, wie der Energiebedarf der Gebäude gesenkt und der benötigte Rest durch erneuerbare Energien gedeckt werden kann. Wichtigster Punkt ist jedoch: Die Politik muss die geeigneten Maßnahmen für den konkreten Gebäudeklimaschutz ergreifen. Mehr Gebäude müssen tatsächlich energetisch saniert werden und diese Sanierungen müssen qualitativ hochwertig und energetisch ambitioniert erfolgen. Das muss gelingen, obwohl der Personalmangel im Handwerk bereits heute die Umsetzung energetischer Sanierungen erschwert.

Politischer Handlungsbedarf für mehr Klimaschutz im Gebäudesektor

Die Politik muss zum einen Anreize schaffen und zum anderen die gesetzlichen Vorgaben stärken, um weitergehende Sanierungen zu erreichen. Hierzu gehören beispielsweise bessere Förderkonditionen für Sanierungen auf die ambitionierteren KfW-Sanierungsstandards oder die Einführung von Zielkennwerten, die Hauseigentümer langfristig einhalten müssen. 

Darüber hinaus sollten Anreize und Regularien für den Umstieg bestehender Heizsysteme auf erneuerbare Energien bzw. auf Niedertemperaturverteilsysteme entstehen. Nicht zuletzt muss weiter an effizienten und zugleich nachhaltigen Hochleistungsdämmstoffen sowie modernen Sanierungskonzepten geforscht werden, die perspektivisch die Kosten der energetischen Sanierung senken. Dämmmaterialien müssten künftig schadstofffrei und recyclingfähig sein.

Die Wärmewende im Bereich der Gebäude kann nur dann gelingen, wenn ausreichend gut ausgebildete Fachkräfte bereit stehen, die entsprechenden Sanierungsaktivitäten durchzuführen. Auch hier ist die Politik gefragt. Und schließlich sollten Ansätze angestoßen und unterstützt werden, die darauf abzielen, die Nachfrage nach Wohn- und Gewerbefläche zu reduzieren.

EU: Hohe Potenziale für Klimaschutz im Gebäudebereich

Wenn man die gesamte EU betrachtet, ist die Bedeutung der Gebäude noch größer: In der EU entfallen rund 60 Prozent des gesamten Energieverbrauchs auf Raumheizung, Warmwasser, Klimaanlagen und Beleuchtung. 20 bis 30 Prozent könnten eingespart werden, setzten die EU-Mitgliedsstaaten innovative Lösungen im Gebäudebereich um. Beispielsweise müssten Ölheizungen zügig ersetzt, energiesparende Beleuchtung verstärkt eingesetzt und vor allem ältere Gebäude energiesparend saniert werden. 

Energiewende im Haushalt

Nach den Zielen der Bundesregierung zum Klimaschutz soll der Stromverbrauch in Deutschland bis zum Jahr 2050 um 25 Prozent gegenüber dem Jahr 2008 gesenkt werden. Private Haushalte spielen dabei eine wichtige Rolle. Das größte Potential liegt zunächst bei den Haushalten mit mittlerem bis höherem Einkommen und bisher hohem Stromverbrauch.

Aber letztlich gibt es in jedem Haushalt – unabhängig von der Größe – eine Vielzahl von Möglichkeiten, Energie nachhaltiger zu nutzen. 

EcoTopTen

Energieeffiziente Haushaltsgeräte haben zwar einen höheren Kaufpreis, aber entsprechend niedrigere Betriebskosten. Mit der Internetplattform EcoTopTen unterstützt das Öko-Institut Verbraucher in den zehn Produktclustern Beleuchtung, Wärme, Strom, große Haushaltsgeräte, kleine Haushaltsgeräte, Fernseher, Computer/Büro, Mobilität, Lebensmittel und Textilien ökologische Spitzenprodukte zu finden.

Stromspar-Speicherrechner, ein digitales Beratungstool für Batteriespeicher

Für Hausbesitzer gibt es noch mehr Möglichkeiten. Bei der Frage des Energiesparens können moderne Dämmungen bis hin zu Passivenergiehäusern helfen, Energie in großem Maße zu sparen. Für Sanierungsmaßnahmen und den Einbau von Technologien auf Basis erneuerbarer Energien wie beispielsweise Solarthermie stellt die Bundesregierung sogar umfangreiche Fördermittel zur Verfügung. 

Um insbesondere die eigenen Solaranlagen optimal nutzen zu können, lohnt sich auch die Investition in Batteriespeicher. Wenn der Haushalt zusätzlich in den Austausch ineffizienter Geräte investiert und so seinen Stromverbrauch senkt, ergeben sich deutliche finanzielle Vorteile. Dies hat das Öko-Institut mit dem Stromspar-Speicherrechner, einem digitalen Beratungstool für Batteriespeicher, gezeigt. Es kombiniert erstmals die Investitionen für den Kauf eines Speichers mit notwendigen Investitionen für Stromsparmaßnahmen im Haushalt. 

Auf ganzer Linie nachhaltig

Egal ob Mieter oder Eigentümer: Es macht Sinn, seinen privaten Konsum zu hinterfragen: Auch weniger Wohnraum, kleinere Autos oder Carsharing und Fahrrad sind nicht nur ökologischer, sondern auch kostengünstiger. 

Klimaschutz in der Wald- und Landwirtschaft

Die Land- und Forstwirtschaft trägt heute zur Überschreitung der planetaren Belastungsgrenzen bei – und leidet gleichzeitig besonders unter den Folgen. Die Landnutzung ist durch klimawandelbedingte Überschwemmungen und Dürren besonders bedroht, Ernteausfälle und -rückgänge sind die Folgen. Gleichzeitig sind weltweit rund 30 Prozent der Klimagasemissionen direkt der Landwirtschaft und veränderter Landnutzung wie etwa Waldrodung zuzurechnen. 

Genügend Lebensmittel zu produzieren und gleichzeitig die Belastungsgrenzen der natürlichen Systeme nicht zu überschreiten, ist die größte Herausforderung für die Landwirtschaft der Zukunft. Gleichzeitig muss sich auf Seiten der Verbraucher etwas ändern. Im Moment essen die Menschen zu viel Fleisch, zu fettreich und zu süß. Das ist nicht gut für die Gesundheit, aber auch nicht für die durch Land- und Forstwirtschaft beanspruchten Ökosysteme.

Trendwende bei Landwirtschaft und Ernährung

Die Anzahl der Landwirte, die nach nachhaltigen und ökonomisch tragfähigen Konzepten für eine zukünftige Landwirtschaft suchen, steigt und muss noch weiter steigen. Auf Seiten der Verbraucher erhöht sich der Anteil derjenigen, die weniger Fleisch und Tierprodukte zu sich nehmen, vor allem junge Erwachsene und Frauen. Diese Trends müssen unterstützt werden. Dafür braucht es auch im Agrarbereich einen breiten gesellschaftlichen Diskurs sowie klare politische Ziele und Maßnahmen, verbunden mit einem Zeit- und Finanzierungsplan für eine Agrarwende hin zu einer umweltverträglicheren und nachhaltigeren Agrarproduktion.

Das ungenutzte Potential der Wälder für den Klima- und Naturschutz

Weltweit sind in den vergangenen hundert Jahren die Waldbestände der Erde durch Holzwirtschaft und Rodungen für landwirtschaftliche Nutzungen um etwa die Hälfte geschrumpft. Dabei könnten Wälder maßgeblich zum Klimaschutz beitragen. In Deutschland könnten sie bis zu 48 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr bei einer ökologischeren Bewirtschaftung binden – dies entspricht etwa der Hälfte des jährlichen CO2-Ausstoßes von Pkw in Deutschland. Dafür müssten mehr Waldflächen sich selbst überlassen und Wirtschaftswälder schonender genutzt werden. Die wichtige Voraussetzung dafür ist, dass Holz effizienter vor allem für Holzprodukte genutzt und weniger direkt für Bioenergie verbrannt wird.

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